Die Physikerin und Therapeutin Mari: "Eine zutiefst weibliche und wichtige Geschichte."

Was macht ein Drache, wenn der Hühnerstall zu klein wird?

Abalone ist der Drache - oder genauer: die Frau mit dem Drachenfeuer. Und wie so mancher Drache, der ahnungslos und unglücklich im Hühnerstall sitzt, müht sie sich nach Kräften mit den Federn ab - bis es plötzlich ganz, ganz heiß wird…

Es gibt Geschichten, die aus einer ganz besonderen Ebene zu uns kommen und hier ihre Wirkung entfalten, sehr individuell und eigen und stark davon abhängig, wer ihnen begegnet. Christine Li hat eine solche magische Geschichte gefunden und aufgeschrieben. Als Leserin bleibt mir nur, Anlauf zu nehmen, gemeinsam mit Abalone zu springen und die Aussicht zu genießen! 

Liebe Christine, es war eine wunderschöne Reise! Du erzählst so warm und lebendig, dass es nur einen Augenblick gedauert hat, bis ich den Geruch von Phellodendron in der Nase und den Geschmack von Malis Dampfbrötchen auf der Zunge hatte; mitsamt der Speckwürfel und goldenen Zuckerkristalle! 

Aus allen Richtungen leuchten Farben, wehen geheimnisvolle Düfte, wirken Empfindungen, Ideen und Konzepte und verbinden sich zu einer Welt, wie sie hätte sein können und in die einzutauchen sich tausendmal lohnt. Fast beiläufig erfahren wir um politische Verhältnisse und Schwierigkeiten der Persönlichkeiten, die diese Welt bevölkern und an so mancher Weggabelung neigt, halb im Schatten verborgen, ein alter Meister grüßend seinen Kopf (Zhuang-zi, es war mir eine Freude).

Und über all dem steht diese zutiefst weibliche und wichtige Geschichte, mit einer Heldin, die wir ganz deutlich in uns selbst sehen können. Eigentlich wünscht sie sich nur die Liebe ihres Mannes zurück in ihr Leben. Doch die richtigen Wege zweigen immer von den falschen ab, und Abalone findet auf ihrem Weg etwas viel wichtigeres: sich selbst und das eigene Schicksal. 

Zu Beginn habe ich Abalone als sehr passiv empfunden. Angepasst und folgsam. Beinahe aufgegeben. Aber das ändert sich. Ein Drache kann sich lange für ein Huhn halten und nach Körnern picken. Irgendwann jedoch kommt der Tag, an dem die kleinen Körner nicht mehr reichen und dann wird es Zeit, die Flügel auszubreiten und endlich das Feuer kennen zu lernen! In diesem Sinn kann das Buch fast ein Blick in den Spiegel sein - nicht moralisierend, aber mit der Gelegenheit, sich die Frage zu stellen, wo man sich selbst gerade befindet. Noch im Hühnerstall, oder bereits in der Luft?

„Alles was lebt, muss der eigenen Bestimmung folgen. Der angenehme Weg ist nicht immer der Richtige.“ 

Damit ist eigentlich alles gesagt! 

Abalone geht ihren Weg, den unangenehmen, der dafür aber so richtig aufregend ist, und macht Mut, es ihr gleichzutun!

Liebe Menschen, deren Interesse Abalone geweckt hat, ich empfehle euch diese Geschichte von ganzem Herzen, aber vielleicht mit einer kleinen Einschränkung: ihr müsst offen sein und euch darauf einlassen. Dann wird es ganz zauberhaft! :-)

chinesischer Drache
christine liKommentieren